L’Eau-xikon: Vetiver, Duft der Mutter Erde

Gras als Rohstoff in der Parfumerie? Wieso nicht. Über das Vetiver, ein vielseitig verwendbares Gras.



Das Vetiver (Vetiveria zizanioides) gehört zu der Familie der Süssgräser und ist, ursprünglich aus dem tropischen Asien kommend, in vielen Ländern anzutreffen, unter anderem in: Bhutan, Indien, Sri Lanka, Indonesien, Philippinen, Réunion, Haiti, Japan und in Ländern Westafrikas und Südamerikas. Als Gras gehört es zu den grosswüchsigen Arten und kann unter guten Bedingungen auch die Menschen überragen. Entsprechend tief (bis 3 m) reichen die kräftigen Wurzeln in dichtem Geflecht in den Boden; teils wird Vetiver deshalb auch zum Zwecke des Erosionsschutzes angebaut. Kein Wunder, dass die Pflanze auch mit Dürreperioden und Überflutungen zurechtkommt. Sogar als Viehfutter findet sie Verwendung, während die Wurzeln als Flechtwerk für Matten und Körbe gebraucht werden. In der arabischen Welt werden die Wurzeln seltsamerweise auch bei gewissen Gerichten als Gewürz mitgekocht.

Der Vetiverduft stammt aus den Wurzeln des Grases, aus welchen ein Öl extrahiert werden kann. Anwendung findet es in Parfums, Kosmetika, in der Aromatherapie und der Naturheilkunde. Vetiver riecht man im Parfum Vetiver d'Or von Pro Fragrantia (www.profragrantia.com) extrem gut heraus. Vetiver ist nicht das einzige Gras, aus dem Parfumextrakte gewonnen werden. Auch Heu-Absolues existieren. Um sehr grasige, frische, grüne Akkorde zu kreieren, solche, die ähnlich frisch gemähtem Gras riechen, greifen Parfumeure gerne auf das Molekül Cis-3-hexenol zurück, welches in der Natur, nebst dem Gras, in so vielen Pflanzen vorkommt, dass hier ein Aufzählen sinnlos wäre. Vertreter der grasigen oder grünen Parfums sind 23.1 - Jasmagonda von Pierre Guillaume sowie Basilico & Fellini von Vilhelm.

Um an die Wurzeln ranzukommen, muss die ganze Pflanze ausgehoben werden, wobei für eine Tonne Wurzeln eine Tonne Erde ausgehoben werden muss. Nach der Ernte werden die Wurzeln getrocknet, gereinigt und dann in Vorbereitung zur Wasserdampfdestillation eingeweicht. Aus der Destillation resultiert ein zähflüssiges Öl von dunkelbrauner Erscheinung, welches in Indien von Männern unverdünnt direkt auf die Haut aufgetragen wird, wie bei einem Attar (Ittar). Wenn dies für Sie zu intensiv ist, empfehlen wir Ihnen, das Duschgel Vetiver Extraordinaire von Frédéric Malle zu benützen. Aus 100 kg Wurzeln werden ca. 20 g Öl gewonnen. Hauptanbaugebiet mit der Hälfte der Weltproduktion ist Haiti, wo für die Vetiverernte rund 30‘000 Bauern im Einsatz stehen.

Der Duft ist sehr eigenartig, man kann ihn mit stark, voluminös, tief und schwer umschreiben, passend zu Waldboden und Moor. Interessant in diesem Kontext sind zwei Duftkerzen: Bougie Parfumée Campagne sowie Une Fôret d'Or. Allerdings ändert sich der Duft des Vetiveröls über die Verdunstungszeit hin betrachtet. Anfangs riecht das Öl erdig und holzig, um dann einen totalen Charakterwechsel zu machen und ganz leicht, wie hell leuchtend daher zu kommen, ohne jegliche erdigen oder holzigen Facetten. Dieses Umschwingen des Duftes muss bei der Parfumkreation beachtet werden, gerade wenn man undynamische, lineare Düfte kreieren will, wie dies heutzutage meistens der Fall ist. Um dieser Eigenschaft Rechnung zu tragen, werden entweder nur kleine Mengen des Vetiveröls oder acetyliertes Vetiveröl verwendet, welches sozusagen der Kopfnote beraubt wurde und dadurch nicht mehr einen so extremen Geruchsverlauf aufweist. Alternativ dazu wird auch häufig Vetiverylacetat verwendet, ein Molekül, das nach Vetiver riecht (siehe auch Molecule 03 von Escentric Molecules).

In der Duftpyramide ist Vetiveröl zu den Basisnoten zu zählen, da es sehr lange auf der Haut bleibt. Zudem hat es fixierende Eigenschaften, d.h. es vermag flüchtigere Substanzen zu binden und lässt sie dadurch langsamer verdunsten. Obwohl es eine Basisnote ist, riecht man das Vetiver aber häufig schon zu Beginn in Parfums.

Vetiver-Düfte bilden eine eigene Parfumgruppe, da man meistens sehr rasch erkennt, wenn Vetiver in einer Kreation verwendet wurde. Häufig wird schon im Parfumnamen Bezug auf Vetiver genommen, da gewisse Konsumenten sofort darauf ansprechen. Wer kennt den Klassiker Vetiver von Guerlain aus dem Jahre 1961 noch nicht? Wir haben ihn im Sortiment.

Doch nicht nur in der Parfumerie spielt das Vetiver eine wichtige Rolle. Auch in der Aromatherapie und der Naturheilkunde ist es von Bedeutung. In der Aromatherapie sieht man Vetiveröl als eine Hilfe für Entwurzelte, die ihre Verbindung zur Erde verloren haben und wieder Energie des Elements Erde erhalten sollen. Auch Leuten, die gedanklich im Höhenflug sind, soll es erden helfen. So soll es bei Nervosität und anderen Stresssymptomen Wirkung zeigen. In Asien wird der Duft als Aphrodisiakum verwendet und bei Frigidität und Impotenz eingesetzt. Geeignete aromatherapeutische Anwendungen sind Bäder, Massageöle und Duftlampen. Das Öl soll auch eine stimulierende Wirkung auf das Immunsystem haben und der Haut Gutes tun. Gerne wird es als Massageöl bei Arthritis, Rheuma, Krampfadern und Muskelschmerzen eingesetzt.