L’Eau-xikon: Jasmin, die Königin der Nacht
Wie wird Jasminöl gewonnen? Was sind die heilenden Eigenschaften dieses betörenden Duftes? Und wo in der Duftpyramide ist Jasmin anzusiedeln? Tauchen Sie in die Welt des Jasmins ein.
Unter Sternenhimmel, wenn der Mond sein mildes, silbernes Licht auf die Erde schickt und in den Jasminblüten spielen lässt, weiss die Königin der Nacht ihren bezaubernden Duft besonders verschwenderisch in die stille Nacht verströmen zu lassen und unsere Gemüter zu erregen. Der süsse Wohlgeruch ergreift zutiefst unsere Seelen und öffnet uns das Tor zu einer Welt, wo Ängste keinen Platz mehr haben, wo Wohlbefinden und Geborgenheit uns ummantelt und die wärmste Liebe sich in uns ausbreitet. Doch nicht nur das. Durch Jasmin wird verlorenes Selbstvertrauen wieder gefunden und Pessimismus überwunden. Auf geheimnisvolle Art wird die Sinnlichkeit angeregt; Beziehungen und die Sexualität blühen in voller Hingabe auf. So findet sich Jasmin auch auf Darstellungen der indischen Malerei neben Liebespaaren, die in Gärten und Seen unter Mondschein ihrer Sinnlichkeit frönen. Blütezeit ist von Juni bis September; der Duft begleitet uns in Europa durch die warmen Sommernächte.
Der Pflanze wird nachgesagt, besonders bei Frauen ihre Heilkräfte entfalten zu können. So wirkt Jasminöl als Uterustonikum, hilft bei Geburten und bei der Bildung von Muttermilch. Während Schwangerschaften kann das Öl zudem eingerieben werden und hilft so, verkrampfte Muskeln zu entspannen und ein harmonisches Gleichgewicht wieder herzustellen. Des Weiteren wird Jasminöl in edlen Kosmetika (z.B. La Colline NativAge La Crème) verwendet und wirkt heilend, antiseptisch und regenerierend – es unterstützt gereizte, trockene Haut und lässt sie in Kombination mit einer Hautcrème wieder erstrahlen, wie frischgeküsste Mädchenwangen.
Nebst den Heilwirkungen durch direkten Körperkontakt heilt Jasmin auch über den Duft, der direkt unsere Emotionen zu ergreifen vermag. Beim Einatmen gelangen die euphorisierenden Duftmoleküle an unsere Geruchsrezeptoren und stimulieren dadurch den Thalamus, welcher neurochemische Stoffe ausschüttet (körpereigene Opiate), die Gefühle des Wohlseins und der Euphorie verursachen. Riechen Sie an Jasmin und beobachten Sie ihre Gefühle. In unserer Parfümerie können Sie auch den Duft hb01 von Biehl Parfumkunstwerke oder Sole di Positano von Tom Ford riechen, in welchen Jasmin genial in die Duftkomposition eingeflochten ist.
Nebst der allbekannten Rose (lat. Rosa damascena) gehört auch die Kletterpflanze Jasmin (lat. Jasminum grandiflorum bzw. Jasminum sambac) zu den klassischen und oft anzutreffenden Blütendüften in der Parfümerie. Da durch die einhergehende hohe Nachfrage und die aufwendige Herstellungsmethode beide sehr kostbar und teuer sind, werden sie nur in bescheidenen Mengen in den Parfums des Massenmarktes verwendet und häufig mit synthetischen Molekülen verschnitten, oder durch sie komplett ersetzt. Doch im Luxussegment werden grössere Mengen natürlicher Rohstoffe verwendet. Wenn sie einmal an Don’t tell Jasmine von Vilhelm riechten, erkennten Sie sofort, dass qualitativ hochstehender, natürlicher Jasmin enthalten ist.
In der Duftpyramide ist Jasminöl als Herznote einzustufen, die sogar bis in den Basisnotenbereich hinein geht. Jasminöl verfügt aber auch über wundervolle Kopfnoten, die in einem Parfum schon von Beginn an gut wahrnehmbar sind.
Der Jasminduft kann mit den Begriffen floral, süss, und angenehm umschrieben werden. Allerdings unterscheiden sich die Düfte von Jasminum grandiflorum und Jasminum sambac sehr klar. Verwendet in Parfums können damit, nebst klassischen Kompositionen, ausgezeichnet Phantasienoten kreiert werden.
Die Jasminpflanze wurde im 16. Jh. von Seefahrern aus dem arabischen Persien nach Europa eingeführt, wo sie hauptsächlich in Südfrankreich (Grasse) angepflanzt und zu Jasminöl verarbeitet wurde. In ihrer Wildform ist die Pflanze im ostarabischen bis asiatischen Raum heimisch. Die Kulturform wird in Marokko, Ägypten, China, Algerien und Indien gezüchtet.
Jasminöl aus Marokko ist im Grosshandel ab ca. CHF 12‘000 pro kg erhältlich (je nach Qualität vervielfacht sich dieser Preis natürlich). Wenn man sich vor Augen führt, dass acht Millionen von Hand frisch gesammelte Blüten (ca. eine Tonne) benötigt werden, um einen Liter Absolue herstellen zu können, kann man den steilen Preis des Jasminöls gut verstehen. Ein geübter Pflücker, welcher die Blüten für eine maximale Ausbeute bei Nacht ernten muss, kommt auf etwa 10‘000 bis 15‘000 Blüten pro Nacht – eine einzige Person bräuchte somit um die 533 Pflücktage, um daraus einen Liter Jasmin-Absolue herstellen zu können, welches in unseren Parfums Verwendung findet.
Heutzutage kann Jasmin-Öl durch CO2-Extraktion gewonnen werden. Daraus resultiert das Concrète, welches wiederum mit Ethanol extrahiert werden kann und dann zum Absolue wird. Beide, das Concrète und das Absolue, werden als Rohstoffe zur Duftkomposition verwendet. Eine andere Gewinnungsmethode ist die Enfleurage. Dabei handelt es sich um eine traditionelle Extraktionsmethode, bei der eine dünne Schicht Schweinefett auf einer Glasplatte ausgebreitet wird und die Blüten sorgfältig von Hand hineingedrückt werden, um ihren betörenden Duft an das Fett abzugeben. Da diese edle Gewinnungsmethode sehr kostspielig ist, wird sie heutzutage nur noch – wenn überhaupt – selten angewendet.